Annäherungen an die Problematik in den erwähnten sechs Punkten:
1.
2.
3.
Das Erleben des Publikums orientiert sich im unmittelbar Erscheinenden, nur mittelbar an Projektionen von
Textinhalten (der Erzählung). Die Situation des Rezipienten im Raum wird in verschiedenen Aspekten
erlebbar gemacht (Raum, Kulisse, Agierende). Musiktheater fungiert hier als mediale Erzählung. Die mythischen Inhalte, die „Geschichte“, sind Kompositionsmaterial und nur unterbrochen im Ablauf präsent.
Das WAS tritt hinter dem WIE zurück. Die Art der Darstellung hat eine eigene Geschichte - ein Hauch von absurdem Musiktheater.
Die drei Räume in ihrer akustischen Eigenart werden überbrückt durch Lautsprecher im Publikumsbereich,
die Verschiebungen der Klänge von der Bühne bis hinter die Zuschauer erlauben.
Musiktradition in herausgetupften Momenten (Monteverdi, Gluck) wird ihr Zusammenhang genommen und in andere musikalische Umgebungen eingebettet. Empfindungen entgleiten der Chronologie des Textes, sich verselbstständigend, um dann unmittelbar sinnlich erfassbare Momente herauszubilden, die weniger von Textinterpretation abhängen, sondern im Musikalischen verhaftet sind - ein Spiel mit Betroffenheit und Entspannung.
Drei bewegliche große Wände aus Holz und Metall, massiv und auch hohl als Resonatoren können, auf Kugellagern befestigt, von Mitwirkenden gedreht werden.
Drei kleine Lautsprecher strahlen auf diese Wände. Die Klänge aus diesen Lautsprechern werden von den Wänden je nach Stellung dann ins Publikum reflektiert. Alternativ sind sie in die Wände eingebaut.
Als einziger klanglicher Fixpunkt auf der Bühne ist ein Solo-Schlagzeug links platziert, das u.a. mit dem anderen Schlagzeug im Orchestergraben kommuniziert, dessen Instrumentarium es spiegelt. Der Schlagzeuger auf der Bühne streicht und zupft auch zwei lange Saiten von drei Metern Länge, die als Bühnenobjekt sich zu seinem Schlagwerk gesellen.
Im Schlussteil schlägt er auf die 3 Wände, sich im Bühnenraum bewegend.
Die Nicht-Sichtbarkeit des Orchesters wird thematisiert.
Aus der Anonymität des Orchestergrabens fliegen hin und wieder dort über einen unten platzierten Lautsprecher künstlich eingespielte Instrumentalklänge nicht vorhandener Instrumente in den Saal, die wegen ihrer Unerwartetheit irritierend wirken.
Die „Natur“ des Klanges ist verbunden mit der Örtlichkeit seiner Quelle.
Eine Denaturierung des Ortes einer Sängerin, indem Klang und Ort nicht mehr identisch sind, entsteht durch wechselnde Lautsprecherverstärkung.
Verschränkungen von Orchesterklang und eingespielten Klängen verwischen die Zusammengehörigkeit von Klang und Ort.
Klangmaterialien: Saitenklang (Lyra), Stimmvorgänge des Orchesters, Arbeitsgeräusche auf der Bühne und der Text der Vorlage.
Der Text wird in erster Linie von einem Sprecher rezitiert.
Die Handlung des Textinhaltes selbst wird nicht gespielt, gespielt wird die Rezitation dieser Erzählung.
Textgrundlage ist Orpheus und Eurydike von Ovid, Metamorphosen 10/1..85.
Gründe hierfür: Natur - Dominanz / die Struktur und der Klang, auch in der deutschen Übersetzung, ermöglicht eine unmittelbare musikalische Entsprechung (sprechende Musik) / die Chronologie der Geschichte im Detail tritt etwas in den Hintergrund / Musik in unmittelbarem Erleben ist Teil des Textinhalts / Text als Ritual / Text als Musik / Musik als Ritual / Texthören als Schwanken zwischen Klangerleben und Verstehen.
Sprechtonhöhe und Sprachrhythmus werden musikalisch genutzt.
Der Mythos „Orpheus“ ist bekannt, Gegenstand häufig in Literatur und Musiktheater, so ist ein Abirren in eine eher mediale Betrachtung umso fremder.
Orpheus vertritt die Feinheit, Schönheit, Stille, die Natur des Klanges.
Das Dionysische tritt hier im Widerspruch auf, auch als ichbezogener Hedonismus, zerstörend, chaotisch, als Machtinstrument.
Der Text wird vom Chor ausschnitthaft oder in Reaktion gesprochen und gesungen, mit zerstückelnden Pausen, auch verschwindend in Vokalisen, mitunter auch Publikum repräsentierend.
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